Die 8 Forderungen zur Bildungsgerechtigkeit

  • Kinder brauchen ermutigende Zuwendung von Erwachsenen

    Für ihr geistiges, seelisches und soziales Wachsen brauchen Kinder Erwachsene, die sich ihnen respektvoll und ermutigend zuwenden, die sie durch Lernaufgaben herausfordern und ihnen helfen, sich Kompetenzen und Erkenntnisse möglichst selbstständig anzueignen. Sie brauchen Erwachsene, die mit ihnen Klasse und Schule als Ort gemeinsamen und mitverantwortlichen Lebens und Lernens gestalten. Alles, was diese pädagogische Qualität behindert, ist abzubauen. Lehrerbildung und Rahmensetzungen wie Klassengrößen, Lernzeiten, Schulstruktur müssen dazu beitragen, diese pädagogische Qualität zu erreichen und zu erhalten.

  • Kinder brauchen eine Schule als Bildungszentrum im Stadtteil

    Schulen müssen Teil eines sozialen und kulturellen Netzes im Stadtteil sein. Insbesondere Schulen in sog. »sozialen Brennpunkten « müssen zu Bildungszentren für alle werden, die auch die Eltern und Großeltern der Kinder ansprechen und einbeziehen.

  • Kinder brauchen Bildungszeit vor Beginn der Schulzeit

    Die Einrichtungen der elementaren Bildung müssen als Bildungseinrichtungen nicht nur postuliert, sondern kostenfrei eingerichtet werden. Da Kita-Jahre Bildungsjahre sind, ist eine höhere Qualifikation der Erzieherausbildung erforderlich. Die Gruppengrößen sind zu verringern. Das pädagogische Konzept muss den Bildungsmöglichkeiten und -bedürfnissen der Kinder gerecht werden. Der Übergang von der Kita- zur Grundschul-Bildungszeit muss pädagogisch anschlussfähig gestaltet werden.

  • Kinder brauchen eine Schule ohne Auslese

    In der Grundschule ist auf jede Form von Auslese zu verzichten. Die Grundschule muss eine inklusive Schule sein, in der alle Kinder – gleich welcher Herkunft und welcher Leistungsfähigkeit – gemeinsam leben und lernen können und in der sie die individuell notwendigen Unterstützungen erhalten. Diese Schule gemeinsamen und individuellen Lernens muss für die gesamte Pflichtschulzeit gelten. An die Stelle von Noten und Zensurenzeugnissen tritt eine Pädagogische Leistungskultur mit Lerngesprächen, Portfolios der Kinder als individuelle Leistungsnachweise, dokumentierten Beratungen mit Kindern und Eltern sowie individuell terminierbaren Zertifikaten.

  • Kinder brauchen kleine Lerngruppen

    Für individuelles und gemeinsames Lernen braucht die Grundschule unterschiedliche Lernarrangements: Partnerschaften, kleine Gruppen zum Forschen, größere Versammlungsforen z. B. für Präsentationen und Mitwirkungsgremien sowie die Schulklasse als kontinuierliche Lerngruppe. Schulklassen dürfen nicht mehr als 20 Kinder haben.

  • Kinder brauchen Räume, in denen sie lernen und leben können

    Grundschulen brauchen zusätzlich zu den Klassenräumen Funktionsräume, in denen sie lesen, forschen, sich beraten, etwas herstellen, musizieren, malen, bauen können, Räume, in denen sie toben oder sich zurückziehen können. Schulen brauchen deshalb z. B. eine Bibliothek, Leseräume, Experimentier- Werkstätten, Werkräume, ein Versammlungsforum, einen Speiseraum, einen Schulgarten. Dies muss in den Bau- und Ausstattungsrichtlinien für Grundschulen verbindlich festgelegt sein.

  • Kinder brauchen einen Ganztag mit pädagogisch durchgestaltetem Konzept

    Kinder brauchen Zeit für gemeinsames und individuelles Lernen, für Anspannung und Entspannung, für vorhandene Lernaufgaben und für selbst gewählte Tätigkeiten. Diese Zeit erfordert ihren eigenen Rhythmus, der sich an den Bedürfnissen der Kinder und den jeweiligen Tätigkeiten orientiert. Dazu ist der Ganztag nötig. Er darf aber nicht auseinander fallen in Unterricht plus Betreuung. Er muss vielmehr ein pädagogisch durchgestaltetes Konzept haben, in dem Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte zusammenarbeiten. Die Ganztagsschule ist kostenfrei.

  • Kinder brauchen besondere Unterstützungen

    Maßnahmen externer Evaluierung (Leistungstests, Schulinspektion) müssen zur Folge haben, dass Schulen, deren Kinder hinter den Bildungszielen zurückbleiben, besonders und gezielt unterstützt werden. Dies gilt insbesondere für Schulen mit hoher Zahl sogenannter »Risikokinder«. Diese Schulen brauchen zusätzliche Förderkräfte, sozialpädagogische Fachkräfte, einen höheren Materialansatz und begleitendes Coaching für das pädagogische Personal. Sie haben aber selten so zahlungsfähige Eltern und Sponsoren wie Schulen in privilegierten Milieus oder Schulen in privater Trägerschaft. Hier muss deshalb die öffentliche Hand finanziell ausgleichen.Denn: Das Entstehen von Grundschulen 1., 2. und 3. Klasse widerspricht fundamental dem Bildungsrecht, das jedes einzelne Kind hat.